Ich finde einen anderen Aspekt interessant: den PR-Coup, der Manuel Ostermann und seinen Anwälten hier gelungen ist. Denn dass über eine Programmbeschwerde, die bei ARD oder ZDF jeder einreichen kann, so groß berichtet wird, kommt selten vor. Überraschend ist außerdem, dass der große Aufschrei erst jetzt kommt – mehr als zwei Monate nachdem die Sendung lief.
Dass so viele Medien auf diese Nachricht einsteigen, liegt wohl vor allem daran, dass es um Böhmermann geht, und daran, wie sie verkauft wird. Welcher Otto-Normal-Zuschauer, dem irgendwas im ZDF-Programm nicht passt, hat schon eine Medienrechtskanzlei im Rücken, die ihm die Programmbeschwerde formuliert und dann noch auf den eigenen Kanälen mit den Worten befeuert, man heize nun dem „Hetzer Böhmermann“ ein?
Und wenn ein Medium wie die „Berliner Zeitung“ die Sache dann auch noch als große „Exklusiv“-News bringt und zahlreiche andere Medien darauf einsteigen – perfekt. […]
Ich möchte Programmbeschwerden nicht klein reden, im Gegenteil: Sender sollten sie viel transparenter machen, damit die Öffentlichkeit wirklich darüber diskutieren kann. Ich finde es nur falsch, wie undifferenziert viele Medien auf die aktuelle, „exklusive“ News einsteigen, offensichtlich nur, weil Kritik an Jan Böhmermann viele Menschen triggert.
Gewundert habe ich mich vor allem darüber, warum offenbar niemand hinterfragt, dass Ostermann bzw. seine Organisation sich erst jetzt über die Sendung beschwert, wenn daran so viel falsch und diffamierend sein soll. Liegt es daran, dass man sich schwer tut, etwas zu finden, gegen das man juristisch vorgehen könnte?
Auf Übermedien-Nachfrage schreibt das ZDF, ihm lägen „in Bezug auf die genannte Sendung weder außergerichtliche Abmahnungen vor, noch sind gerichtliche Verfahren anhängig“. […]
Er und sein Mandant seien bisher noch nicht anderweitig gegen Tatsachenbehauptungen aus der Sendung vorgegangen. Er arbeite aber derzeit an einer Abmahnung. „Erforderlichenfalls wird sich eine gerichtliche Inanspruchnahme anschließen.“ Was er damit meint: Der Fall könnte vor Gericht landen, wenn das ZDF nicht auf die in der angekündigten Abmahnung formulierten Forderungen eingeht. Auf meine Nachfrage, warum er zuerst den Weg der Programmbeschwerde gegangen ist, hat Sarlak nicht geantwortet.
Ich finde es bemerkenswert, dass ein Medienrechtsanwalt und sein Mandant, wenn sie doch überzeugt sind, dass in einer Sendung falsche Dinge behauptet werden, nicht sofort versuchen, juristisch zu intervenieren, die Programmbeschwerde ist doch das eher stumpfere Schwert. Wobei die vermutlich gewünschte Wirkung, dass jetzt viel über die Beschwerde gegen die Böhmermann-Sendung geredet wird, ja gelungen ist. Und vielleicht ist sie effektiver als das juristische Klein-Klein um einzelne Formulierungen einer Satire-Sendung.
Lisa Kräher, Übermedien-Newsletter, 07.06.2025 (online)