Die Philosophenkönige des Silicon Valley sind keine Mäzene von gestern wie George Soros, die Thinktanks finanzieren oder zwischen ihren Yachtkäufen Manifeste hinkritzeln. Sie haben einen kraftvolleren Hybriden entwickelt: Investmentportfolios, die als philosophische Argumente fungieren, Marktpositionen, die Überzeugungen operationalisieren. Wo Milliardäre des Industriezeitalters Stiftungen errichteten, um Weltanschauungen zu etablieren, bauen diese Figuren Investmentfonds auf, die gleichzeitig als ideologische Festungen dienen. Marc Andreessen etwa unterstützt nicht nur den christlichen Pro-MAGA-Fonds New Founding, sondern half auch bei der Gründung der Risikokapitalfirma 1789 Capital, bei der mittlerweile auch Don Trump Jr. eingestiegen ist.
Diese Fonds werden auf dem Schlachtfeld des ethischen Investments gezielt für den Angriff auf Fonds mit dem zweifelhaften Label ESG (Environmental, Social and Governance) in Stellung gebracht, mit dem die Wall Street versucht, die Tugendhaftigkeit von Unternehmen wie Quartalsgewinne zu messen, eine Art moralisches Kreditrating für Unternehmen. Musk („Betrug“) und Andreessen („eine Zombie-Idee“) wettern gegen ESGs, Peter Thiel verglich sie mit dem chinesischen Kommunismus; auch er finanziert einen Anti-ESG-Fonds namens Strive Asset Management. Das Geniale daran? Die Oligarchen wandeln intellektuelle Positionen in Marktarbitrage um, während sie mithilfe ihrer digitalen Megaphone die Realität neu gestalten, gegen die ihre Investitionen wetten. Wenn die Praxis ruft, antwortet das Silicon Valley mit Investitionen, nicht mit Philanthropie.
Evgeny Morozov, faz.net, 11.04.2025 (online)