Zitiert: Unmöglichkeit, absolute Objektivität oder Neutralität herzustellen

Es ist unmöglich, absolute Objektivität oder Neutralität herzustellen. Es ist auch die Frage, ob das überhaupt wünschenswert wäre, manche bestreiten das. Ich persönlich halte das Objektivitätsideal weiterhin für wichtig im Journalismus, und übrigens auch in der Wissenschaft. Ich sehe aber einen Unterschied zwischen Neutralität und Objektivität. […]

Neutral würde bedeuten, die Welt so abzubilden, wie sie ist. Das ist schon deshalb unmöglich, weil Journalismus auswählt. Was ist wert, berichtet zu werden? Hinter jeder Auswahl verbergen sich Wertentscheidungen. Neutralität zu fordern, kann zudem bedeuten, dass sämtliche Positionen zu einem Thema ohne Wertung und Gewichtung wiedergegeben werden, zum Beispiel Positionen der AfD so wie die aller anderen Parteien. Die Aufgabe von Journalismus sollte es aber sein, auch zu prüfen, ob etwas stimmt oder nicht, ob behauptete Fakten zutreffen und welche Effekte politisches Handeln hat. Journalismus ist nicht nur ein Mikrofon, das andere benutzen. Deshalb wäre es auch verfehlt, „Ausgewogenheit“ in dem Sinne zu verlangen, dass alle gleich viel Zeit, Platz, Kritik und Lob bekommen. […]

Stellen wir uns einen Schiedsrichter vor, der ja auch unparteiisch sein soll. Gibt er einem Team eine gelbe Karte, tut er das nicht automatisch auch beim anderen Team, nur, um ausgewogen zu handeln. Er folgt bestimmten Regeln. Übertragen auf den Journalismus heißt das zum Beispiel, dass souveräne Redaktionen Donald Trump völlig zu Recht rote Karten zeigen. Beim TV-Duell zwischen Trump und Harris wurde von Republikanern beklagt, dass die Moderation Trump häufiger korrigiert und widersprochen habe als Harris. Kein Wunder: Weil er auch öfter gegen die Regeln einer vernünftigen demokratischen Debatte verstoßen hat. […]

Weil man es nicht schafft, die einzelnen Fakten zum perfekten Mosaik zusammenzusetzen. Wie die Realität erfasst und gedeutet wird, hängt stark davon ab, welche Aspekte ich groß und welche ich klein mache und welche Bedeutung ich ihnen beimesse. Und genau das führt auch bei anderen Themen immer wieder dazu, dass Leute sagen, Journalismus sei nicht objektiv.

Tanjev Schultz, uebermedien.de, 18.11.2024 (online)

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Zitat der Woche
Gut zur Entgiftung des öffentlichen Diskurses wäre es, auch in den Beiträgen jener, die anders denken als man selbst, die klügsten Gedanken zu suchen, nicht die dümmsten. Man läuft natürlich dann Gefahr, am Ende nicht mehr uneingeschränkt Recht, sondern einen Denkprozess in Gang gesetzt zu haben.   Klaus Raab, MDR-Altpapier, 25.05.2020, (online)    
Out of Space
Auf seinem YouTube-Kanal „Ryan ToysReview“ testet der kleine Amerikaner Ryan seit März 2015 allerhand Spielzeug. Die Beschreibung des erfolgreichen Channels ist simpel: „Rezensionen für Kinderspiele von einem Kind! Folge Ryan dabei, wie er Spielzeug und Kinderspielzeug testet.“ Ryan hat 17 Millionen Abonnenten und verdient 22 Millionen Dollar im Jahr. Berliner Zeitung, 04.12.2018 (online)