– Aktivistischen Journalismus gibt es seit der Dreyfus-Affäre in Frankreich (1894) und seit dem Aufkommen der „Muckraker“ in Amerika (Upton Sinclair u.a.), d.h. seit etwa 120 Jahren. (Davor existierten Zeitung und Zeitschrift als Massenmedium noch nicht in nennenswertem Umfang).
– Aktivistischer Journalismus entsteht auf einem bestimmten Nährboden: Was ihn hervorruft und formt, sind wirtschaftliche Krisen, politische Umbruchzeiten, Vorkriegszeiten, Zeiten repressiver Politik, Zeiten des Niedergangs, Zeiten großer sozialer oder zwischenstaatlicher Spannungen, Zeiten forcierter Modernisierung und starker Konzentration von Wirtschaftsmacht.
– Der aktivistische Journalismus wird in der Regel von einzelnen herausragenden Journalisten oder Publizisten verkörpert, neuerdings auch von Gruppen und Netzwerken, welche die Verhältnisse nicht mehr nur beschreiben und interpretieren, sondern auch verändern wollen. Sie nehmen große Risiken, persönliche Nachteile, ja Verfolgung in Kauf; sie kämpfen für politische Ziele oder sie verteidigen politische Errungenschaften und gehen dabei weit über die traditionelle journalistische Aufgabenbestimmung hinaus. Aktivistische Journalisten begnügen sich nicht mit neutralen Beschreibungen „dessen, was ist“, sie streben Gesetzesänderungen, Politikwechsel, ja Umsturz an.
– Journalistische Aktivisten kommen häufig nicht aus dem traditionellen Journalismus, sondern waren bzw. sind zunächst politische Aktivisten, Lehrer, Rechtsanwälte etc. Den Journalismus verstehen sie als Mittel zum Zweck, als eine Handlungs-Option unter vielen.
– Aktivistische Journalisten sind (anders als besorgte traditionelle Journalisten dies darstellen) immer herrschaftskritisch und oppositionell. Seymour M. Hersh würde sagen: Aktivistische Journalisten sind Außenseiter, Outsider.
Wolfgang Michal, Homepage, 06.01.2014 (online)