Gedemütigt, gefeuert, missachtet: Ex-DDR-Bürger erzählen vom traumatischen Umbruch und vom gezielten Absterben ihrer exportstarken Betriebe. Wie wirkt das nach? […]
Die Erzähler aus dem Kaliwerk Bischofferode, der Esda-Strumpffabrik in Diedorf, von Henneberg Porzellan Ilmenau und dem Möbelwerk Eisenberg, dem DDR-Bürger bekannte Betriebe, schalten reihenweise Lichter an – nicht weil sie komplexe Erläuterungen ausbreiten, sondern weil sie unverstellt und authentisch ihr Leben erzählen – sie lassen besser verstehen, warum der Wunsch nach einer politischen Alternative im Osten noch stärker ist als im Westen. […]
Bis heute fällt es Menschen ohne Sozialismuserfahrung schwer zu verstehen, dass in der DDR im wahrsten Sinne eine andere Gesellschaftsordnung herrschte und diese in zentralen Teilen akzeptiert war: Das Leben fand im und rund um den Betrieb statt. Dort fand man eine stabile Gemeinschaft, Geselligkeit, die zweite Familie außerhalb der Kernfamilie – inklusive Zoff. Viele haben den Wert erst verstanden, als dieser Teil des Lebens zerfiel, als die Balance zwischen Gemeinschaft und Vereinzelung, zwischen Kollektiv und Individuum krass in Richtung Individualismus kippte.
Maritta Adam-Tkalec, berliner-zeitung.de, 16.09.2025 (online)